Sie kennen sicherlich den Begriff „Ex und Hopp“! Gemeint sind bzw. waren früher zum Beispiel Getränkedosen, die man in einem Zug leerte und dann sorglos in die Ecke warf. Der Berliner Senat hat dies System für den eigenen Bedarf recycelt und wird dabei kräftig von allen Seiten unterstützt. Seit einiger Zeit gibt es in dieser Stadt nämlich die Spezies „Vertretungslehrer“, die ein Schulleiter oder eine Schulleiterin für eine/n temporär nicht greifbaren/verfügbaren Lehrer/in im Ex-und-Hopp-Verfahren einstellen kann. Personalkostenbudgetierung heißt das im Newspeak der weisungsgebenden Behörde. Diese spezielle Spezies bekommt befristete Verträge, die am selben Tag enden, an dem der Grund der Vertretung nicht mehr vorliegt.
Durch besondere Feinfühligkeit zeichnet sich die kurz nach Vertragsabschluss übermittelte schriftliche Beschlussfassung der Senatsverwaltung aus. In dieser Mitteilung wird nicht nur die Höhe des Gehalts bestätigt, nein, es wird bereits vorsorglich darauf hingewiesen, man solle sich tunlichst umgehend bei der Bundesagentur für Arbeit melden. Aus der Sicht der/des Betroffenen erscheint dies allerdings überflüssig, weil sie/er bereits durch ein Schreiben seiner/ihrer Krankenkasse auf die Notwendigkeit hingewiesen wird, baldmöglichst telefonisch oder schriftlich vorstellig zu werden, um eine Weiterversicherung mit einem/einer Sachbearbeiter/in zu klären – falls gewünscht.
Zu früheren Zeiten, das ist eine Weile her, wurden diese Ex-und-Hopp-Lehrer bzw. -Lehrerinnen nach dem BAT-Tarif besoldet. Für die Spezies Ü50 beinhaltete dies den besonderen Vorteil oder aber das außergewöhnliche Privileg, dass sie höher besoldet wurde als zum Beispiel junge, gerade aus dem Referendariat geschlüpfte Ex-und-Hopp-Pädagogen. Diese schimmeltreibende (Sorry! Korrektur meines Rechtschreibprogramms! Soll „himmelschreiende“ heißen. Anm. d. Verf.) Ungerechtigkeit ist per Senatsdekret endlich abgeschafft worden! In Berlin hat man sich von der Tarifunion der Länder befreit und betreibt eine beispiellose Lohndrückerei.
Im Sinne einer etatschonenden Gerechtigkeit bekommen nunmehr Ex-und- Hopp-Lehrer/innen das Anfangsgehalt eines neuen, fest eingestellten Lehrers. Daraus resultiert folgender Sachstand: Gesetzt den Fall, der/die direkt Betroffene bekäme einen Anschlussvertrag nach dem anderen, so hätte er/sie z.B. über die Sommerferien nicht nur unterrichtsfreie Zeit sondern auch keinen Vertrag – er oder sie könnte also niemals ein kontinuierliches Beschäftigungsverhältnis nachweisen. „Matrix Reloaded“ ist hier angesagt, und schon wird die Besoldungszeituhr nach den Sommerferien oder zwischen den Schulhalbjahren auf Null zurückgestellt.
Ob die großmütige Gnade des Bildungssenators in diesem Kleinstaat auch für Vertretungskräfte zutrifft, steht noch in den Sternen geschrieben. Sollte dies aber eines Tages tatsächlich zutreffen, so könnten die Berliner Ex-und-Hopp-Lehrer bzw. -Lehrerinnen mit einer Höhergruppierung um bestenfalls 3 Gehaltsstufen rechnen. Auch dies wird bei manchen Verträgen sicherlich kaum reichen, um Hartz-IV-unabhängig werden zu können.
Man kann dem Senat also nur empfehlen: Weiter so! Schließlich gibt es im Ex-und-Hopp-Bereich noch viel zu reformieren. So hat ein Ex-und-Hopp-Lehrer einen Anspruch auf sein Gehalt, wenn die Schulferien innerhalb seines befristeten Vertrages liegen. Dies erscheint unter senatsökonomischem Aspekt wiederum ungerecht, denn der Ex-und-Hopp-Lehrer arbeitet in dieser Zeit ja gar nicht. Ergo: Auch dies Privileg gehört umgehend abgeschafft - oder? Und – warum sollte ein derartiger Gebrauchsmensch im Krankheitsfall überhaupt weiterbezahlt werden?
Diese Überlegungen könnten auch andere Bundesländer gewinnbringend verwerten. So wäre die Unterteilung z.B. in Saarland-Ost und Saarland-West in zwei unterschiedliche Tarifgebiete in Erwägung zu ziehen. Zudem könnte man eine Anpassung an eine eigene Tarifstruktur erreichen, in dem man sich von der Tarifunion der Länder endgültig verabschiedet und seine eigene Rechnung aufmacht. Der rot-rote Senat in Berlin hat das schließlich nach reiflicher Überlegung sehr schnell fertig gebracht. Warum? Um Geld zu sparen! Warum? Um den Haushalt zu entlasten und die riesigen Schulden angeblich abzubauen, die sich im Laufe der Zeit angehäuft haben. Warum? Um der zukünftigen Generation ein schuldenfreies Land zu hinterlassen. Mit welchen Mitteln? ...
Mit Sicherheit würde die erwähnte Subspezies von Pädagogen auch unter den geschilderten Bedingungen arbeiten. Gewisse marktwirtschaftliche Überlegungen spielen jedoch auch hier eine größere Rolle. Im Gegensatz zur aktuellen wirtschaftlichen Situation in D-Land (Stand: Anfang 2009) greift in diesem speziellen Fall das Prinzip der freien Marktwirtschaft: Die Nachfrage an Ex-und-Hopp-Lehrern ist zurzeit größer als das Angebot. Dennoch bleibt die Entlohnung konstant. Überlegungen der betroffenen Personengruppe gehen nunmehr dahin, die Löhne unter derartigen Bedingungen mit der Internetauktion www.myteacher.de kräftig in die Höhe zu treiben.
Warum nicht gleich eine Ex-und-Hopp-Versteigerung, bei der den Schulleitern bzw. -leiterinnen die Gelegenheit gegeben wird, ihre Angebote für die Vertretungskräfte abzugeben. Ein kurz vor den Sommerferien abgehaltenes Massen-Casting „Berlin sucht seine neu einzustellenden Superlehrer“ gibt’s ja schließlich auch schon! Massen-Casting sowie Ex-und-Hopp-Versteigerung könnten auch den Privatsendern im TV-Bereich angeboten werden. Nicht nur das Fernsehpublikum von Dahlem bis Marzahn-Hellersdorf hätte seinen Spaß an diesem Programm. Per TED könnte der mündige Zuschauer sein Votum über den dämlichsten Ex- und-Hopp-Pädagogen, aber auch den dämlichsten Schulleiter bzw. dämlichste Schulleiterin abgeben, begleitet durch entsprechend sinnige Kommentare von (z.B.) Dieter Bohlen bzw. dem TV-Pädagogen Günter Jauch. Würde dies nicht erst richtig viel Geld in die leeren Kassen des Senats spülen?
Also, wie wär's!
© goo, Januar 2009