Kommt die Inflation? Inflation hat etwas mit Preissteigerung zu tun. Man bekommt eben weniger für sein Geld. Der Tauschwert des Geldes nimmt ab. So gesehen haben wir längst die Inflation. Dazu müssen wir uns nur die Verpackungskünstler im Supermarkt ansehen: Gleicher Preis aber weniger drin. Für manche Branchen ist dieser Trick allerdings ungeeignet. Was würden Sie sagen, wenn sie an der Tankstelle nur 80 Cent für einen viertel Liter Benzin zahlen müssten?

Es gibt in der Volkswirtschaft eine von Irving Fisher entwickelte Formel, die die Geldmenge, die gerade im Umlauf ist, zum BIP in Beziehung setzt. Kurz gesagt: Der „Geldimpuls*“ (Produkt aus Geldmenge M und Umlaufgeschwindigkeit V) ist gleich die Summe aller Preise aller verkauften Produkte (siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Geldmenge#Geldmengendefinitionen). Hier spielt die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes eine sehr wichtige Rolle. Aber was ist das? Man könnte es in etwa folgendermaßen sagen: Wenn mit ein und demselben 10-Euro-Schein mehr an Waren umgesetzt wird, dann erhöht sich nicht die Geldmenge, aber die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ist also direkt proportional zum Warenumsatz.

Wie wir alle wissen, bestimmt das Angebot und die Nachfrage den Preis auf freien Märkten. Diese Ideologie ist zwar schon seit längerem widerlegt worden, aber wir tun einfach so, als sei das der Fall, damit wir die Formel besser verstehen können. Irgendwann einmal in einem noch nie eingetretenen Idealfall, werden sich die Preise auf freien Märkten dem Idealpreis angleichen und erst einmal nicht mehr ändern. Wir befinden uns also im Stabilitätsparadies. Eine Erhöhung des BIPs kann also in diesem Fall nur durch eine Erhöhung des Warenumsatzes erreicht werden. Wie gesagt, das hängt nicht unbedingt davon ab, wie viel Geld im Umlauf ist. Wir können eventuell als Gesellschaft mit ein und demselben 10-Euro-Schein im Laufe des Jahres vielleicht Waren für 1 Millionen Euro umsetzen, dies entspräche lächerlichen 100.000 Transaktionen mit unserem 10-Euro-Schein. Das schafft der 10-Euro-Schein doch spielend. Glauben sie nicht?

Ich gehe gerade zum Discounter und kaufe mir für zehn Euro Bier. Warum? Tut hier nichts zur Sache! Mein Schein wandert in die Ladenkasse und das Bier in meinen Bauch. Aber der nächste Kunde bekommt schon als Wechselgeld meinen, bitteschön meinen, 10-Euro-Schein und lässt den beim Bäcker. Der wiederum gibt ihm noch am selben Tag an … So läuft eben der Hase. Deswegen ist die Umlaufgeschwindigkeit wichtig. Von Geldentwertung also keine Spur. Hat eine Volkswirtschaft wenig Geld aber eine hohe Umlaufgeschwindigkeit so könnte man traumhafte BIP erreichen. Haben wir viele Euros, so wird die Umlaufgeschwindigkeit sinken, um dasselbe BIP zu erreichen. Hier noch einmal alles auf einen Blick:

M•V = BIP; M = Geldmenge, V = Umlaufgeschwindigkeit.

Was lehrt uns die Formel? Bei einer größeren Geldmenge M und gleicher Umlaufgeschwindigkeit V, was demselben Warenumsatz entspräche, müssten die Preise eben steigen, vorausgesetzt die Formel stimmt. Erhöht sich der Lohn nicht, so würden wir weniger für einen Euro bekommen und wir hätten eine Geldentwertung. Dies wiederum hätte zur Folge, dass der Warenumsatz sinkt, weil die schwäbische Hausfrau nun sparen müsste. Laut Formel würde das zu erneuten Preiserhöhungen führen würde. Das muss in jedem Fall vermieden werden. Wie? Man erhöht die Einnahmen der schwäbischen Hausfrau oder reduziert die Geldmenge M laut Formel.

Was aber, wenn die Geldmenge nicht erhöht wird, aber die Preise trotzdem steigen? Das entspricht eher unserer Situation, weil dann die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes oder des Warenumsatzes sinkt. Die schwäbische Hausfrau spart, weil sie an ihre Rente denkt und sorgt so für einen schwachen Binnenmarkt. Außerdem zieht sie immer mehr Geld aus dem Konsumkreislauf heraus, weil sie es den Banken zur Spekulation, Entschuldigung, zur Anlage überlässt. Die Geldmenge sinkt, was dann wiederum zu erhöhten Preisen führt, weil der Warenumsatz sein systemisches Minimum erreicht hat. Dann müssen die Unternehmen eben nachhelfen. Kauft Leute kauft oder Ich bin doch nicht blöd oder Alles muss raus! Die Preise sinken, der Umsatz steigt laut Formel. Ach, wenn nur alles in der Welt so einfach wäre wie diese Formel!

Was aber, wenn die Geldmenge erhöht wird, aber die Preise trotzdem konstant bleiben. Dann kaufen wir mehr. Wir setzen mehr um, wir sind im Weihnachtskaufrausch. Das Geld muss raus. Der Warenumsatz erhöht sich, die Sparbücher werden geplündert, der Wirtschaft geht es gut, gut, gut. Sie dürfen laut Formel ihre Mehreinnahmen niemals investieren. Dann sind sie nur auf mehr Geld aus. Das zahlt sich aber laut Formel nicht aus, weil sie mit höheren Preisen rechnen müssen, vorausgesetzt wir leben in einer idealen Marktwirtschaft ohne Spekulation. Also kauft Leute, kauft was das Zeugs hält. Die Geldraffkes sind die Parasiten des Kapitalismus' vorausgesetzt die Formel stimmt. Aber wer weiß das schon? Schließlich besagt sie nur, dass die Umlaufgeschwindigkeit direkt proportional zum BIP und indirekt proportional zur Geldmenge ist. Laut Formel erhöht sich nur die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes vorausgesetzt das BIP bleibt konstant und sie reduzieren durch verstärktes Sparen die Geldmenge.

Nun zur Beantwortung der Frage: Kommt die Inflation? Wir in Deutschland haben schon seit Jahren keine Lohnerhöhungen, die weit über der Teuerungsrate liegen. Der Konsum ist in unserer Gesellschaft ziemlich gesättigt. Außerdem haben wir eine sehr hohe Sparquote, weil man an die kommenden mageren Jahre denken muss. Schließlich ist der Kapitalismus sehr krisenanfällig, was wir nicht nur seit 2008 wissen und unser Geld, das wir für die Riesterrente investieren, wird momentan von den Anlagekünstlern verbrannt. Die Rating-Agenturen sind schon länger damit beschäftigt, den Euro durch schlechte Noten abzuwerten und die Spekulanten haben schon letztes Jahr die Preise für Nahrungsmittel in die Höhe getrieben. Alles gute Voraussetzungen dafür, dass eine stärkere Inflation als letztes Jahr zu befürchten ist. Ich halte deshalb die Inflation für wahrscheinlicher. Allerdings leben wir im Euroraum. Aber auch hier gelten dank Frau Merkel fast überall dieselben Bedingungen. Vielleicht werden wir mit der Inflation schneller unsere Schulden los und leben wie die Argentinier gut damit. Hier nimmt Ottonormalverbraucher heute einen Kredit auf, den er locker in einem halben Jahr zurückzahlen kann, weil die Preis- und Lohnsteigerungen in diesem Land annähernd symmetrisch sind. Aber damit ist im Euroraum wohl weniger zu rechnen.

Zum Abschluss vielleicht noch ein Hinweis für all diejenigen, die in den nächsten Jahren aus der Krise profitieren wollen. Momentan würde sich eine Butterfahrt nach Norwegen lohnen. Dort bezahlt man das Sechzigfache für ein gutes Stück Butter. Aber das Angebot gilt nur noch dieses Jahr. Also: Augen auf! Die Märkte beobachten und dann zuschlagen. Bei den Lebensmitteln lohnt sich der Aufwand besonders! Ein Sack Reis soll ja auch schon sehr teuer sein!

*Ausdruck des Autors, der an den physikalischen Impuls, Produkt aus Masse und Geschwindigkeit, erinnern soll.

GOO, Dezember 2011

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