Dass Brüderlichkeit ohne Freiheit, Freiheit ohne Gleichheit und Gleichheit ohne Brüderlichkeit nicht zu haben ist, ist ein rein theoretischer Satz, der in der Praxis bis heute nicht verifiziert wurde. Der Satz verrät viel über die Absicht desjenigen, der ihn ausgesprochen hat. Kann man ihn deshalb für die Wirkung dieses Satzes verantwortlich machen?
Das trojanische Pferd ist diesmal ein Lieferwagen für Obst und Gemüse. Er hält am Eingang der Notaufnahme des Hospitals. Unbemerkt springen Soldaten von der Ladefläche. Die Tür der Notaufnahme ist verschlossen – kein Hindernis für die im Nahkampf erprobte Eliteeinheit. Ihr Ziel liegt im zweiten Stock: zwei Verwundete, die einige Tage zuvor eingeliefert wurden. Bei einem hat die Kugel Leber und eine Niere durchschlagen. Bei dem anderen ist es die Lunge. Beide werden künstlich beatmet.
Die Soldaten schwärmen aus. Widerstand haben sie nicht zu erwarten, nicht hier. Als die ersten Angestellten in ihr Blickfeld kommen, sind die Gewehre schon auf sie gerichtet. Der rote Markierungspunkt des Laserpointers ist kein Kastenzeichen. Zunächst treiben die Soldaten die Schwestern und Ärzte zusammen und sperren sie in einen leeren Raum im ersten Stock. Ein anderer Trupp macht sich auf den Weg zur Intensivstation.
Die Aktion dauert nur 5 Minuten, und die beiden Angeschossenen in ihren Krankenbetten befinden sich nun im Lieferwagen. Zurück bleibt das entsetzte Krankenhauspersonal. Die Eliteeinheit kassiert das Geld, das und dem jeweiligen Dienstgrad entsprechend verteilt wird. Die unteren Ränge betrinken sich, bis ihre Taschen leer sind. Die oberen Dienstgrade legen einen Teil langfristig und gewinnbringend an. Die Ertragslage ist sehr gut. Konkurrenz ist nicht zu befürchten, geschweige denn Verantwortung zu tragen. Bald werden sie ihren nächsten Auftrag bekommen.
Dem Impuls einer zivilisierten Gesellschaft folgend, ruft der Krankenhausdirektor die Polizei, die auch prompt kommt. Im Verhör wird festgestellt, dass die Ärzte die Situation selbst durch die Aufnahme der beiden Verletzten heraufbeschworen hätten. Die Erklärung der Ärzte, sie seien verpflichtet, Menschenleben zu retten, wird von den Polizisten als irrelevant zurückgewiesen. Man hätte sich darüber informieren müssen, um wen es sich bei den Zielpersonen gehandelt habe. Die Ärzte allein trügen die Verantwortung für das Geschehene.
„Wenn das so ist“, hört man im Hintergrund einen Krankenpfleger murmeln. Er ist der Bruder eines der Entführten. Im nächsten Augenblick stürzt er sich auf einen der Polizisten und schneidet ihm mit einem Skalpell die Kehle durch. Die Polizei verhaftet den Krankenpfleger sofort und schließt das Krankenhaus bis auf Weiteres. Der Protest des Krankenhausdirektors findet kein Gehör bei der Bezirksverwaltung, die den Sachverhalt erst einmal juristisch geklärt haben will.
Der Krankenpfleger wird vom Gericht zum Tode durch den Strang verurteilt. Seine Argumentation, die Polizisten hätten seine Reaktion in Kauf nehmen müssen, weil sie nichts gegen die Entführung seines Bruders unternommen hätten, wird vom Gericht als absurd abgewiesen.
Bevor es zur Hinrichtung kommt, befreit eine Untergrundorganisation den Krankenpfleger gewaltsam. Bei der anschließenden Verfolgungsjagd werden zwei Polizisten schwer verletzt. Man bringt sie sofort in das nahe gelegenen Krankenhaus. Nach erfolgreicher Notoperation werden beide Männer auf der Intensivstation künstlich beatmet. Am Eingang der Notaufnahme hält ein Lieferwagen.
© goo, Juni 2009