Als Rechtshänderin denke ich links. Oft genug denke ich aber auch mit meiner Mitte, und die liegt nahe dem Solar Plexus. Es kommt aber auch vor, dass mein linker Fuß mir gute Ideen eingibt, und deshalb ziehe ich meist weder Strumpf an noch Schuh. Als Schreibgehilfe meines linken Fußes dient mir die rechte große Zehe, und der Schreibuntergrund ist dann der jeweilige sandige oder erdige Boden.

Seit die von mir ausgewählten Schreibflächen aber nach und nach asphaltiert werden, bin ich zunehmend auf mein Bauchgefühl angewiesen, denn mein kreativer linker Fuß weigert sich strikt, auf hartem Untergrund zu denken. Dies blockiere ihn, signalisiert er dem motorischen Kortex, der diese Botschaft spontan an die linke Hemisphäre weiterleitet. Mein Solar Plexus versagt mir daraufhin ebenfalls den Dienst, kündigt aber eine Protestnote an, während die rechte große Zehe kraftlos am Asphalt kratzt. Ich ziehe ihr kurzerhand eine rote Socke über und rate meiner Logistik-Schaltstelle, die rechte Hand als Streikbrecher zu erwägen.

Wie auch die Beschlussfassung zwischen diesen beiden Parteien ausfallen mag, es berührt mich im Moment nicht weiter, denn ich sinne gerade darüber nach, meine mir recht talentiert, da extrem exponiert erscheinende Nasenspitze anzulernen.

© Birgit Ohlsen

(veröffentlicht in KULT 25/07)

 

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