Der Karneval der Kulturen startet in diesem Jahr am Hermannplatz, die Sollbruchstelle zwischen Neukölln und Kreuzberg. Ein paar Meter weiter, auf der Sonnenallee, befand sich vor noch nicht allzu langer Zeit eine weitere Sollbruchstelle. Neukölln soll inzwischen wieder hip sein mit ausreichend billigen Wohnraum für junge Menschen, die sich nicht dem Zynismus einer Yuppie-Generation zuschreiben lassen wollen .

Schau ich mir die Gruppen an, die auf dem Karneval der Kulturen die Lebensfreude oder die Besinnlichkeit einer fremden Kultur Ausdruck verleihen, so fallen mir immer mehr Deutsche auf. Dann denke ich an das nächste Jahr, wenn der neue Abschiebeflughafen BER seine Tore öffnen wird. Was wird dann aus dem Karneval der Kulturen? Heute haben sich entlang der Route immerhin 700.000 Schaulustige versammelt. Deutschland gibt sich multikulturell. Dabei sind wir doch eher auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet. Kulturen ja, wenn deren Vertreter eben nicht von den Sozialleistungen leben sondern arbeiten und unser Bruttosozialprodukt steigern helfen. Ja, dann sind sie willkommen und wir setzen uns mit ihrer Kultur auseinander. Vielleicht sollten die fremden Kulturen auch ein Urheberrecht bekommen. Jeder, der sich dann selbst bedient, kann das nur unter Hinweis auf dieses Recht und der Zahlung eines gewissen Ablasses an eine noch zu gründende Stelle.

Menschen aller Länder, kommt nach Berlin. Die Stadt ist arm aber sexy. Was nicht stimmt, denn sie ist reich, wie jede andere Stadt. Allein die Stadtkassen sind spärlich gefüllt, weil die Reichen in Deutschland Schonzeit haben und fast keine Abgaben zahlen. Sie ist nicht sexy, dafür grell, so wie es sich eben gehört, wenn man sich mit London oder New York vergleicht. Manchen Menschen ist das wichtig und sie beziehen sehr viel Selbstwertgefühl aus diesem Vergleich. Aber die Armen der Stadt interessiert das wenig. Sie schauen sich die Mülleimer an, um Pfandflaschen aufzusammeln.

Kulturen aller Länder vereinigt euch, kommt nach Berlin zum Karneval. Und die Touristen, die sich das bunte Spektakel anschauen, und es handelt sich wirklich um eins, die sind willkommen, willkommen, willkommen. Denn das arme Berlin braucht Einnahmen und der Karneval auch, sonst findet er eben nicht mehr statt. Wir geben alles und die Nebenschauplätze sind gerade dann interessant, wenn mit blanken Oberkörpern Samba getanzt wird. Es klappt mit der Multi-Kulti-Gesellschaft. Aber nur zu Pfingsten, versteht sich. Danach wird alles wieder so sein, wie es ist.

Ich würde auch gern klatschen, aber ich denke an die Zukunft des Karnevals der Kulturen. Die Voraussetzungen haben sich geändert. Die Träger der Kultur werden inzwischen eingeflogen. Oder es handelt sich um Botschaftspersonal, das zwangsverpflichtet wird, um eine Stadt als weltoffen und multikulturell zu präsentieren. Mangels Masse muss der Karneval der Kulturen eben nicht ausfallen. Das Geschäftsmodell hat sich geändert. Der Karneval der Kulturen ist globalisiert, und alle sind zufrieden. Die Straßenhändler erhöhen für einen Tag die Preise um 100% und der Karneval kann nur eine schlechte CO2-Bilanz aufweisen. Die Großen des Geldes halten sich zurück. Noch haben sie kein Geschäftsmodell entwickelt, das tragfähig genug wäre, den Karneval der Kulturen in zweistellige Renditen umzuwandeln. Dabei wäre es doch so einfach. Schließlich gibt es hier mehr zu sehen, als im Kreis herum fahrende Formel 1 Piloten oder aber Ping-Pong spielende Millionäre.

Nicht die Hunger leidenden Vereine müssen die Organisation des KdK in die Hand nehmen. Nein, die Botschafter selbst müssen vorstellig werden, bei den Großen dieser Republik, die mit Visionen reich geworden sind. Bertelsmann oder Springer residieren nicht weit weg, genau genommen um die Ecke. Ein kleiner Empfang, ein paar Worte zum Karneval und schon kann man das Personal für die Woche einfliegen, damit es einen auf Multi-Kulti macht. BLÖD berichtet, dann schafft man es auch in die Tagesschau. Wer aber glaubt, er könne hier auf Kosten der Deutschen leben und seine Kultur eben nur mal an einem Wochenende vermarkten, der hat kein Bleiberecht. Er wird abgeschoben. Allerneuste Technik im BER ermöglicht eine Abschieberate von fast 99%. Das ist einmalig in der Welt. Selbst die USA sind mit ihren 80% weit abgeschlagen.

 

© GOO, Mai 2012

 

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