Als Kind hatte ich einen Teddy. Das war mein Teddy. Der lag immer neben mir im Bett. Dem konnte ich alles anvertrauen. Er hat nie etwas gesagt. Aber er sah knuddelig aus. Und geknuddelt habe ich meinen Teddy. Ich glaube, er hat es gut bei mir gehabt. Bis ihm ein Arm fehlte. Aber das war nicht schlimm. Jetzt war er eben mein behinderter Teddy. Meiner Liebe zu ihm tat das keinen Abbruch. Das änderte sich auch nicht, als ich sein Innenleben zu Gesicht bekam. Lauter Holzwolle sah ich und ich musste die Wunde verbinden, damit mein Teddy nicht verblutete. Inzwischen hatten sich schon etliche Pflasterschichten auf Teddy ausgebreitet und da wo der Arm fehlte, war ein bösartiger Metallhaken zu sehen. Meine Mutter hatte vielleicht auch nur ganz einfach die Schnauze voll gehabt. So viel Liebe für diesen Schrotthaufen! Wo sollte das mit dem Kind einmal enden? Hat sie sich bestimmt gefragt. Ich hätte ihn wohl mein ganzes Leben lang behalten, hätte ihn nicht meine Mutter eines Tages heimlich unter dem Balkon begraben. Aus Sicherheitsgründen versteht sich. Aber so genau weiß ich das natürlich nicht.

Nichts ins Freigehege werfen! Unsere Bärenkinder sollen gut gedeihen. Das steht am Bärengehege im Köllnischen Park, wo das Wappentier Berlins seinen Platz gefunden hat. Allerdings sind Maxi und Schnute keine Bärenkinder mehr. Schnute kam am 18.1.1981 und Maxi am 14.1.1986 zur Welt. Beide sind also im Januar geboren und mitten in der DDR, wo es nach Auskunft so mancher Stadtführer, die die Touristen durch den Ostteil Berlins begleiten, doch nichts zu essen gab. Das Schild: Bitte nicht füttern, wurde bestimmt erst nach der Wende aufgestellt.

Will man genau sein, so handelt es sich bei Maxi und Schnute um Bären der Gattung Ursus arctos L. (Europäischer Braunbär), die je nach Unterart ein hellbraunes oder schwarzbraunes Fell haben und früher in ganz Europa verbreitet waren. Nach fünf- bis neunmonatiger Tragezeit können im Dezember oder Januar bis zu fünf Junge geboren werden. 1938 wurde vom damaligen Oberbürgermeister beschlossen, die Bären im Straßenreinigungsgebäude am Köllnischen Park unterzubringen, das zu diesem Zweck umgebaut wurde. Ein Jahr später, am 17.8.1939 war es dann soweit: Der Berliner Bärenzwinger wurde feierlich eingeweiht. Historische Bilder können unter http://www.berliner-baerenfreunde.de/web/?page_id=819 angesehen werden. 15 Tage später begann der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall der Nazis auf Polen.

Seit der Gründung Berlins im 13. Jahrhundert ist der Bär das Wappentier. Zuerst spielte er nur eine untergeordnete Rolle für den Adler, was sich aber im Laufe der Zeit zu seinen Gunsten veränderte. Seit 1883 ist im Wappen nur der Bär übrig geblieben Das Gehege ist ca. 480 Quadratmeter groß. Zu klein für solch stolze und starke Wesen wie den Europäischen Braunbären. Maxi ist sogar im Bärenzwinger geboren. Natürlich will der Berliner sein Wappentier, das er so lieb gewonnen hat, nicht quälen. 2010 meldet die BZ: Was passiert mit Maxi und Schnute? Die artgerechte Tierhaltung ist ein berechtigter Einwand, den man nicht so leicht vom Tisch wischen kann. Er kommt aber reichlich spät für beide Tiere. Wer solange im Knast gelebt hat, der kennt die Freiheit nicht und würde sterben, wenn man ihn in dieselbe entließe. Selbst nach Futter suchen! Aber wie denn? In Gefangenschaft lernt der Bär das Jagen nicht und nicht nur der. Mit Sicherheit ist die Haltung von Maxi und Schnute nicht artgerecht, denn ein Bär gehört nun einmal in die Wildnis. Aber wo bitte ist die? Im Freigehege doch sicherlich auch nicht.

Das Freigehege ist eben doch nur ein fauler, bürgerlicher Kompromiss. Im Grunde genommen sind diese Menschen nur neidisch auf unsere lieben Bären. Die haben es gut hier. Bekommen immer etwas zu fressen und werden auch medizinisch versorgt. Keinen Cent brauchen sie dafür zu bezahlen. Allein ihr Dasein reicht dem Berliner oder der Berlinerin aus, um seine oder ihre Bären zu lieben, sie mit den Kindern zu besuchen und, falls es neue Bärchen gibt, den Kindern die Namensgebung zu überlassen. So ist es seit 1949 Brauch in Berlin. Damals ergriff die Berliner Zeitung die Initiative, den Berlinern zwei neue Bären für ihr Bärengehege zu stiften. Über 20.000 Kinder gaben damals ihre Vorschläge ab. Jette und Nante sollten die beiden Bären schließlich heißen.

So weit, so gut. Sie können die Bärchen auch mit der Fahrradrikscha besuchen. Zwei Erwachsene und ein Kind werden vom „Rikschaisten“ gerade noch bewegt und der hat dann auch einmal Pause. Aber heute ist das nicht der Fall. Bin gegen 15.00 hier am Köllnischen Park vor den Freigehege gewesen. Alle waren da: Die Omas, die Opas, die Enkel und die Einsamen mit oder ohne Hund und ich mit dem Filmapparat – nur Maxi und Schnute nicht. Ob die wohl schon im Freigehege sind? Am letzten Mittwochvormittag waren die beiden noch zu sehen – oder waren sie doch nur gedoubelt? Selbst nach einer Stunde hoffnungsvollen Wartens hat niemand die Bären zu Gesicht bekommen. Nun, ich mache mich morgen auf den Weg und werde den Berliner Oberbären einmal dazu befragen. Mit der ihm nachgesagten Bärenaffinität hat er ein Bärenimage in der Stadt. Demnächst soll er einen Bär an seine Seite bekommen, der ihm vielleicht einen Bärendienst erweisen wird.

 

© GOO, November 2011

 

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