Bleiben Sie bei Ihrem ersten Tipp, so haben Sie eine Gewinnchance von 25 % auf die richtige Tür zu wetten. Diese Chance wird sich nicht dadurch verändern, in dem der Quizmaster die beiden anderen Türen mit den Nieten öffnet, weil Sie die Tür niemals wechseln. Am Ende haben Sie also dieselbe Gewinnchance wie am Anfang: nur in 25 Prozent aller Fälle werden Sie den Hauptgewinn bekommen.

Beim ersten Tipp haben Sie allerdings eine Verlustwahrscheinlichkeit von 75 Prozent. Diese Verlustwahrscheinlichkeit wird sich ebenfalls nicht ändern, wenn Sie bei Ihrer ersten Wahl bleiben. Wechseln Sie allerdings die Tür beim letzten Mal, so können Sie 100 prozentig sicher sein, dass, wenn Sie am Anfang falsch gelegen haben, Sie nun garantiert den Hauptgewinn bekommen. Der Quizmaster hat nämlich schon zwei Türen, hinter denen sich Nieten verbergen, geöffnet. Also müssen Sie beim Wechsel der Türen auf die Tür kommen, hinter der der Hauptgewinn versteckt ist. Insgesamt ergibt dies eine Gewinnchance von 75 Prozent, weil Sie bei der ersten Wahl mit 75 prozentiger Wahrscheinlichkeit falsch liegen.

Dies ist auch die beste Gewinnstrategie, die Sie bei diesem Spiel haben. Vergleichen Sie die beiden Baumdiagramme, so stellen Sie fest, dass Ihre Gewinnwahrscheinlichkeit bei einer anderen Strategie immer schlechter ist.

 

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Nur in 25% aller Fälle haben Sie anfangs auf die richtige Tür getippt. Wenn Sie dann die Tür wechseln, liegen Sie garantiert falsch. Aber in 75% aller Fälle haben Sie beim ersten Mal falsch gelegen. Nun haben Sie nachdem der Quizmaster Ihnen eine Niete gezeigt hat immerhin durch Ihren Wechsel in 50% aller Fälle die richtige Tür zu erwischen aber leider auch die falsche Tür.

Wenn Sie das Baumdiagramm betrachten, sehen Sie all diese Möglichkeiten in Abhängigkeit von Ihrem ersten Tipp eingezeichnet.

 

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Hier wechseln Sie gleich zweimal die Tür. Das Baumdiagramm startet mit Ihrem ersten Tipp. Wie gehabt liegen Sie in 25% aller Fälle richtig und in 75% aller Fälle falsch. Angenommen Sie liegen mit Ihrem ersten Tipp goldrichtig. Dann öffnet der Quizmaster eine Tür mit der Niete und Sie wechseln auf eine andere Tür. Das muss aber in diesem Fall eine Tür sein, hinter der die Ziege ist. Da der Quizmaster nun ebenfalls eine Tür öffnen muss, hinter der die Ziege ist, können Sie beim zweiten Wechsel gar nicht anders, als auf die Tür mit dem Hauptgewinn zu wechseln.

Wie sieht es nun im anderen Fall aus, wenn Sie mit 75% Wahrscheinlichkeit auf die falsche Tür getippt haben. Hier können Sie wie im ersten Fall mit 50% Wahrscheinlichkeit sich richtig oder falsch umentscheiden.

Nun wird beim zweiten Wechsel bei einer falschen Wahl Ihr Entscheidung in jedem Fall positiv sein. Denn der Quizmaster hat schon zwei Türen geöffnet, hinter der eine Ziege ist und Sie selbst haben sich für eine Tür entschieden, hinter der eine Ziege ist. Dann können Sie nicht anders, als beim zweiten Wechsel auf der Tür mit dem Hauptgewinn zu landen.

Ähnlich sieht es aus, wenn Sie beim ersten Wechsel auf einer Tür gelandet sind, hinter der Hauptgewinn ist. Dann müssen Sie sich natürlichen beim zweiten Wechsel für eine Tür entscheiden, hinter der die Ziege Sie meckert.

Bei diesem Spiel hängt die Wahrscheinlichkeit für den Gewinn oder den Verlust von Ihren Entscheidungen ab, die Sie vorher treffen. Es ist also nicht wie beim Würfelspiel, wo die Wahrscheinlichkeit eine Sechs zu würfeln immer 1/6 ist und damit unabhängig von den vorherigen Würfen. Diese Abhängigkeit der Wahrscheinlichkeit ist den Physikern schon etwas länger bekannt. Untersucht ein Physiker das Verhalten von kleinsten Teilchen, so führt er Messungen am Objekt durch. Zum Beispiel versucht er per Messapparatur, die Geschwindigkeit eines Elektrons möglichst exakt zu messen. Allerdings wird er dann feststellen, dass andere Messgrößen, wie zum Beispiel der Aufenthaltsort des Elektrons immer ungenauer zu messen ist. Offensichtlich werden die Messgrößen durch den Versuch beeinflusst. Dies nennt man auch die Heisenberg'sche Unschärfenrelation. Eine tiefe Erkenntnis in der Welt der kleinsten Teilchen. Sie können sich das in etwa so vorstellen: Wenn Sie sehr konzentriert an einer Sache arbeiten, dann tritt das Geschehen in Ihrer Umgebung immer mehr in den Hintergrund. Insofern können Sie nicht mehr so genau sagen, ob Ihre Frau Sie inzwischen schon verlassen hat oder ebenfalls konzentriert an einer Sache arbeitet.

Neben der Geometrie und der Algebra hat sich die Wahrscheinlichkeitsrechnung zu einem sehr wichtigen Zweig in der Mathematik entwickelt. Ihrer Anwendung sind fast keine Grenzen gesetzt. Dadurch, dass es in letzter Zeit immer mehr spekulative Finanzprodukte gibt, die auf Wetten einer zukünftigen Kursentwicklung basieren, versucht man entsprechende mathematische Modelle zu entwickeln, die die Kursentwicklung versuchen vorherzusagen. Hier greift man ebenfalls auf die Wahrscheinlichkeitsrechnung zurück.

Ein wichtiges Instrument dazu sind Computer, die heute nicht nur in Windeseile Finanztransaktionen durchführen können, sondern auch die aufwendigen statistischen Verfahren in Sekundenbruchteilen auswerten können, die für die Vorhersage von Kursen benötigt werden.

In den 60ger Jahren hat Rudolf E. Kálmán ein Verfahren entwickelt aus ungenauen Messdaten Vorhersagen zu treffen, wie sich ein System weiterentwickeln wird. Heute ist dieses Verfahren als Kalman-Filter bekannt. Es wurde erfolgreich bei Kurskorrekturen der Raumfahrt benutzt und wird heute häufig als Computersimulationsmodell eingesetzt, um z.B. freie Märkte zu modellieren. Der Filter ist auch geeignet, Kurse vorherzusagen, die einer sehr großen Schwankung oder Volatilität unterworfen sind. Dies ist notwendig, um Finanzspekulationen erfolgreich durchzuführen. Man nutzt dazu Leerverkäufe, die nichts anderes als eine Wette auf fallende oder steigende zukünftigen Kurse sind.

Der Spieltrieb scheint einigen Menschen die Würze des Lebens zu sein. So auch Gerolamo Cardano (1501-1576), der sich sehr intensiv mit dem Glücksspiel beschäftigte und damit auch sein Studium finanziert haben soll. In seinem Buch „Liber de ludo aleae“ (Das Buch des Würfelspiels) behauptet er, dass wenn die Wahrscheinlichkeit beim Würfeln eine Sechs zu werfen 1/6 ist, es sich lohnen würde, darauf zu wetten, dass eine Sechs in drei Würfen auftritt. Aus heutiger Sicht muss man allerdings sagen, dass dies nicht richtig sein kann. Die Wahrscheinlichkeit beträgt nämlich nur ca. 42%. Zu diesem Ergebnis muss wohl auch Jacob Bernoulli (1655-1705) gekommen sein, der als ein Begründer der modernen Wahrscheinlichkeitsrechnung gilt und insbesondere Zufallsexperimente mathematisch untersucht hat, die man mehrmals wiederholen kann und bei dem der Ausgang des Experiments unabhängig von den vorherigen Ergebnissen ist.

Anders sieht es dagegen aus, wenn Sie in einer Gruppe von 30 Personen darauf wetten, dass es mindestens zwei Personen gibt, die am selben Tag Geburtstag haben. Hier landen Sie immerhin bei einer Wahrscheinlichkeit von ca. 70% und wer hätte das gedacht, gibt es doch im Jahr 365 bzw. 366 unterschiedliche Tage, an dem eine Person Geburtstag haben kann?

Mögen Sie Bücher? Ich jedenfalls! Deshalb besuche ich auch regelmäßig den Bücherbasar auf dem Bebelplatz in Berlin. Dort stellen Kleinverlage ihre Bücher vor und es gibt auch eine Verlosung. Nach Aussage der Losverkäuferin besteht die Gewinnchance 1:4, also von fünf Losen ist im Schnitt ein Gewinn dabei. „Wie viele Lose muss ich kaufen, um mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens einen Gewinn zu erzielen?“ fragte mich meine Frau. Jedenfalls die richtige Frage für einen Mathematiker. Also nahm ich mein Handy und fing an mit dem Taschenrechner zu rechnen: „Fünf würden reichen aber sechs wären besser, weil dann deine Chance mindestens einen Gewinn zu haben fast 75% ist.“ Damit war meine Frau zufrieden und kaufte sich sechs Lose. Tatsächlich war ein Gewinn darunter. Hätte aber nicht sein müssen. Denn die Wahrscheinlichkeitsrechnung sagt nichts darüber aus, was in der Zukunft passieren wird. Sie schätzt nur ab, wie hoch die Gewinn- oder Verlustchancen in einem Glücksspiel sind.

Bei so viel Wahrscheinlichkeit nimmt es nicht Wunder, dass man dazu neigt, aus allem ein Glücksspiel zu machen. Sie haben einen Arztbesuch und betreten das leere Wartezimmer. Dort finden Sie 2 Bänke mit jeweils zwei Sitzplätzen. Sie platzieren sich auf einer Bank und überlegen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein weiterer Patient neben Ihnen Platz nimmt. Da Sie zwei Bänke haben und Sie davon ausgehen, dass es keine psychologischen Faktoren gibt, die die Auswahl der Bank beeinflussen können, müssen Sie ebenfalls davon ausgehen, dass ein weiterer Patient mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Ihrer Bank Platz nehmen kann wie auf der anderen, noch leeren Bank. Also kommen Sie zu dem Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit genau 50% sein muss, dass der neue Patient neben Ihnen auf derselben Bank Platz nimmt.

„Aber, aber!“ hören Sie Ihre Frau sagen. „Das kann ja nicht stimmen! Von den Vier Sitzplätzen sind drei frei. Zwei auf der anderen Bank und einer auf der Bank, auf der du gerade sitzt. Wenn also ein neuer Patient das Wartezimmer betritt, hat er zwei Möglichkeit von drei sich nicht neben dich zu setzen, aber nur eine Möglichkeit von drei sich neben dich auf dieselbe Bank zu platzieren. Also ist die Wahrscheinlichkeit ca. 33%.“ Eine Argumentationskette, der Sie nichts mehr hinzufügen können.

Sie werden vielleicht gemerkt haben, dass die unterschiedliche Argumentation auf den unterschiedlichen Mengen beruhte, die die Möglichkeiten eines weiteren Patienten darstellten, im Wartezimmer Platz zu nehmen. Einmal wurde mit den Sitzbänken argumentiert und das andere Mal mit den freie Plätzen. Wie das Experiment nun in der Praxis abläuft, hängt wohl auch davon ab, ob man nach Sitzbänken oder nach freien Plätzen auswählt, wenn man alle anderen Faktoren ausschließen will.

In der Wahrscheinlichkeitsrechnung nennt man die Mengen, die die Möglichkeiten eines Glücksspiels beschreiben auch Ergebnisräume – besser wäre vielleicht Möglichkeitsräume. Jeder Möglichkeit kann man eine Wahrscheinlichkeit zuordnen. Allerdings muss die Summe aller Wahrscheinlichkeiten über alle Möglichkeiten des Ergebnisraums genau 1 ergeben oder 100 Prozent.

Die Wahrscheinlichkeit ist also immer eine Zahl von Null bis Eins. Hat ein Glücksspiel die Wahrscheinlichkeit 1, dann gewinnen Sie es immer. Hat aber ein Glücksspiel die Wahrscheinlichkeit 0, dann verlieren Sie es immer. Stellen Sie sich neun Kugeln vor, die mit den neun Ziffern von 1 bis 9 durchnummeriert in einer Lostrommel liegen. Die Kugeln werden gut gemischt und Ihre Aufgabe besteht darin, neun Mal hintereinander eine Kugel aus der Urne zu ziehen und diese von links nach rechts auf den Tisch zu legen. Dabei entsteht eine neunstellige Zahl. Sie haben das Spiel gewonnen, wenn die Zahl eine Primzahl ist, das ist eine Zahl die keine echten Teiler hat. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, das Spiel zu gewinnen?

Um Sie zu beruhigen, dieses Spiel können Sie nun wirklich niemals gewinnen. Denn jede Zahl die dabei entsteht ist immer durch neun und damit auch durch drei teilbar. Ihre Gewinnchance ist also Null.

Aber wie sieht es aus, wenn Sie das Spiel ein wenig verändern und immer dann gewinnen, wenn die so gezogene Zahl durch 5 teilbar ist. Was meinen Sie? Wird sich dieses Spiel für Sie lohnen?

Ist jede Möglichkeit gleich wahrscheinlich, so wie beim Würfeln eine bestimmte Augenzahl zu würfeln, dann nennt man das Glücksspiel oder neutraler das Zufallsexperiment ein Laplace-Experiment zu Ehren des französischen Mathematikers Pierre-Simon (Marquis de) Laplace (1749-1827), der insbesondere auf dem Gebiet der Differentialgleichungen, Wahrscheinlichkeits- und Spieltheorie gearbeitet hat. Systematisiert wurde die Wahrscheinlichkeitsrechnung durch den russischen Mathematiker Andrey Kolmogorov. Er veröffentlichte sein Standardwerk „Über die analytischen Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung“ 1931 in deutscher Sprache.

© GOO, März 2010

 

 

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